Archiv für den Monat April 2013

Wenn kleine Engel fliegen lernen

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Unsere Kinder vom Waisenhaus „Angels Home“ sind Engel mit nur einem Flügel. Kelvin (†12.03.2013) und Tumaini-Samuel (†20.03.2013) ist ein weiterer Flügel gewachsen. Sie sind davongeflogen, zu ihren Familien…

Der folgende Artikel ist mir nicht leicht gefallen. Mir fehlten die Worte. Und jetzt, wo ich den Artikel geschrieben habe, bin ich mir immer noch sehr unsicher, ob ich die richtigen Worte gefunden habe. Das ist auch der Grund, weshalb ich den Artikel erst jetzt veröffentliche und nicht schon viel früher. Über die schönen Momente in Tansania lässt es sich leicht berichten. Da springen die vielen Worte in meinem Kopf herum, fröhlich und chaotisch. Sie ordnen sich von alleine. Fast automatisch werden sie von meinen flinken Händen eingetippt. Ein Stück Leben – festgehalten für immer. Aber diesmal war es anders.

Das Leben ist nicht immer einfach. Der Tod ist es jedoch nie.

Als wir am Dienstag, den 12.03.2013 nach Rulenge fuhren, bekamen wir die traurige Nachricht, dass ein Kind vom Waisenhaus verstorben sei. Unser Kelvin. Er wurde am 20.01.2011 geboren und am 23.05.2011 in das Angels Home aufgenommen. Keiner hat mit seinem Tod gerechnet. Wir waren geschockt und können es immer noch nicht begreifen.
Am Nachmittag war seine Beerdigung. Das ganze Waisenhaus und einige Angehörige trauerten um den kleinen Jungen. Einen Jungen, der nur das Leben im Waisenhaus kannte. Für ihn sollte ein Laufgestell gebaut werden, damit er leichter das Laufen lernt und die Chance bekommt, gehen zu können. Jetzt ist er von uns gegangen. Nein. Das wäre falsch. Er ist nicht gegangen – Engel fliegen. Ich hoffe, dass der Ort, an dem du dich jetzt befindest, so bunt und vielfältig ist, wie die Farben des Regenbogens.

Nur ein paar Tage später, wir schrieben den 20.03.2013, erfuhren wir, dass Tumaini-Samuel in der Nacht verstorben sei. Er wurde Januar 2013 im Alter von nur wenigen Tagen ins Waisenhaus aufgenommen. Zu dem Zeitpunkt wog er nicht einmal zwei Kilogramm. Da es ihm aber gesundheitlich immer besser ging, war keiner auf die traurige Neuigkeit gefasst. Mir fehlen die Worte, euch das mitteilen zu können, was ich fühlte. Die Frage nach dem Warum wird wohl immer unbeantwortet bleiben. Als er zu uns ins Waisenhaus kam, machte ich mir sehr große Sorgen um ihn. Jeden Morgen überprüfte ich mit angehaltenem Atem, ob sich sein kleiner Brustkorb noch hebt. Ich hatte Angst, dass sein winziger Körper zu schwach ist. Aber dann sah ich den Kämpfergeist, der in ihm steckte. Er war neugierig, hungrig und sehr liebesbedürftig. Am Dienstag nahm ich ihn mit nach draußen, ging an die frische Luft. Ich zeigte ihm die Sonne, den Wind, die Vögel. Er riss seine kleinen Augen weit auf, beobachtete alles ganz genau. Ich weiß noch, dass er mich immer wieder anlächelte. Er hat sich verabschiedet. In der darauffolgenden Nacht ist er mit dem Wind davongeflogen, wie ein Vogel der Sonne entgegen.

Kelvin und Tumaini-Samuel, ihr fehlt mir so…

Kelvini

Kelvini

Tumaini-Samuel (Mitte) mit seinen Freundinnen (Shukuru links und Ilakoze rechts)

Tumaini-Samuel (Mitte) mit seinen Freundinnen (Shukuru links und Ilakoze rechts)